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FSRK

Arbeitsprogramm der FSRK

für das SoSe 2009 und das WiSe 2009/2010

0. Die Krise an den Hochschulen

Die Hochschulen stecken mitten drin in der globalen Krise.

Unternehmensverbände (BDI, BDA, Handelskammer), angegliederte Thinktanks (z.B. CHE der Bertelsmannstiftung, Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft der Metallarbeitgeber) und die ihnen verpflichteten Parteien (CDU, FDP), wollten die Hochschulen in den vergangenen Jahren vollständig auf die Standortdienlichkeit trimmen.

Die zentralen Instrumente dieser Politik sind Studiengebühren, die Etablierung von hierarchischen Managementstrukturen und die Einführung des restriktiven Bachelor-/Master-Systems. Wer lernen und forschen darf und was gelernt und geforscht wird, sollten die Gesetze des Marktes regeln – was sich nicht rechnet, sollte nicht bleiben.

Doch die Prinzipien des Marktes und die Standortideologie der grenzenlosen internationalen Konkurrenz haben die Welt in eine tiefe Krise geführt.

Die in der angepaßten Wissenschaft vorherrschenden Gesellschaftsmodelle, Menschenbilder und Deutungsansätze erweisen sich als gänzlich ungeeignet, die weltweite Entwicklungskrise analytisch zu begreifen, geschweige denn, eine Perspektive zur Überwindung zu bestimmen.

Es bedarf daher auch in Lehre, Forschung und Studium einer Neuorientierung an den sozialen und kulturellen Interessen der großen Mehrheit der Menschen und damit eines Kurswechsels in Richtung vernünftiger Entwicklungsmöglichkeiten für alle.

I. Hamburg

Die Hamburger CDU setzt in der Koalition mit der GAL weitgehend die Politik fort, die sie zunächst mit dem Rechtspopulisten Schill und der FDP begonnen hatte und später in Alleinregierung inklusive des Misanthropen Roger Kusch weiterführte: die profitdienliche Kommerzialisierung aller Lebensbereiche mit notfalls obrigkeitsstaatlicher Unterbindung von Kritik. Leidtragend ist die Mehrheit der Bevölkerung – in sozialer, ökologischer, demokratischer und kultureller Hinsicht.

Die verspekulierte HSH-Nordbank erhält Milliarden, der Glanz-und-Gloria-Tempel „Elbphilharmonie“ verschlingt fortgesetzt ungeahnte Summen, Asklepios bekommt für den „Kauf“ der städtischen Krankenhäuser zusätzlich jährlich Staatsknete, statt zahlen zu müssen, das Luftverpestungswerk Moorburg geht ans Netz, Ökocamper werden polizeilich verprügelt, Studiengebühren müssen weiter berappt werden und vorsichtige Reförmchen, wie die Andeutung längeren gemeinsamen Lernens in der Schule, werden von einem Bündnis konservativer Eliten platt gemacht. Stets lächelt der Bürgermeister Ole.

Ein politischer Richtungswechsel auch in den Hochschulen ist nur in Opposition zu dieser Politik und ihrer präsidialen Repräsentantin an der Universität Hamburg zu erwirken.

II. Verfaßte Studierendenschaft

Die Verfaßte Studierendenschaft ist die erkämpfte und institutionalisierte Möglichkeit der Studierenden, sich solidarisch zu organisieren und für ihre verallgemeinerungswürdigen sozialen, politischen und kulturellen Interessen zu kämpfen. Gegen erhöhten Konkurrenz- und Leistungsdruck bildet daher das Bemühen um eine neue Kultur der Solidarität eine unmittelbare Einheit mit dem Engagement für eine erheblich gesteigerte Assoziierung der Studierenden in den Gremien der Verfaßten Studierendenschaft. Insbesondere die Fachschaftsräte sind als Ort des Austauschs, der Lagebewertung, gegenseitiger Qualifizierung und Ermunterung, Perspektivbildung und Aktionsplanung zu etablieren.

Die Fachschaftsrätekonferenz als zentraler weiterführender Kooperationsort dieser Fachschaftsrätearbeit muß wieder als teilautonomes Referat im AStA institutionalisiert werden. Dafür ist sich mit den anderen abgewickelten teilautonomen Referaten zu verständigen.

III. Hochschulpolitik

a) Demokratie
Fakultätenbildung, Hochschulrat, feudale Leitungsstrukturen und privatwirtschaftliche Managementmechanismen in der Verwaltung legen die Universität nahezu lahm.
Folgende Reformen sind zu erkämpfen:
Umwandlung des Hochschulrats in ein gesellschaftlich repräsentatives Beratungsorgan, ein gesamtuniversitäres, viertelparitätisches Gremium zur Erörterung und Beschlußfassung über Grundsatzfragen der Hochschulentwicklung, demokratisch gewählte Leitungsorgane mit hauptsächlich Außenvertretungs- und Koordinationsaufgaben, Entscheidungskompetenzen vorrangig bei den gewählten, mitgliedergruppenübergreifenden Gremien (Fakultätsräte, Akademischer Senat), regelhafte Mitbestimmungsebene auch unterhalb der Fakultätsräte.
Für diese Positionen ist insbesondere im Zusammenhang der Diskussion um das Wissenschaftsförderungsgesetz zu streiten, sowie im Zusammenhang mit der im CDU-GAL-Koalitionsvertrag angekündigten Evaluation der Drägerschen Hochschulumstrukturierung.

b) Studiengebühren
Auch für die „nachgelagerten“ Studiengebühren in Höhe von 375€ gilt: Ihr Hauptzweck ist die Lenkungsfunktion. Unter dem sozialen und ideologischen Druck der Gebühren soll von den Studierenden in kürzester Zeit nur noch gelernt werden, womit man sich ’just in time’ auf dem Arbeitsmarkt verkaufen soll. Nicht nur die Bildung sondern vor allem der Mensch selber soll nur noch als Ware begriffen werden.
Dieser Absicht ist mit der erfolgreichen Urabstimmung für die Gebührenfreiheit im Mai 2009 nachdrücklich widersprochen worden. Darauf aufbauend sind die studentischen Aktivitäten, die Konfrontation der politisch Verantwortlichen und die gesellschaftliche Aufklärungsarbeit gegen die Studiengebühren fortzuführen, bis sie in der Bundesrepublik gänzlich überwunden sind.
Gebührenfreiheit schafft Muße für kritische Bildung, befördert allgemeinwohlorientierte Wissenschaft und trägt zur Demokratisierung der Uni und der Gesellschaft bei. Die soziale Öffnung der Hochschulen ist gesellschaftlich notwendig.

c) Bachelor-/Master-System
Die restriktive Gängelung und Entmündigung der Studierenden durch das Bachelor/Master-System ist wissenschaftsfeindlich, quälend und muß sofort beendet werden. Gemeinsam mit den studentischen VertreterInnen in den Fakultätsräten ist kurzfristig für die Entschärfung von Ba/Ma und mittelfristig für deren Überwindung durch eine inhaltlich fortschrittlich bestimmte Studienreform zu kämpfen. Dazu gehört auch die Abschaffung der elektronisch gestützten Studierendenkontrolle (STiNE, turn-it-in) zu Gunsten eines quellenoffenen, demokratischen, nichtkommerziellen digitalen Systems zur Unterstützung der Hochschulmitglieder in ihren sinnvollen Anliegen und Interessen.

d) Uni-bleibt
Bislang über 12.000 Unterschriften der gemeinsamen Kampagne von FSRK und uninahen Kleinunternehmen, die öffentliche Anhörung des Wissenschaftsausschusses, diverse Beschlüsse akademischer Gremien haben eindeutig ergeben: die Universität muß in Eimsbüttel bleiben, die Verlagerungspläne in den Hafen sind sofort zu beenden. Sanierung und Ausbau der Universität muß dabei verbunden werden mit der Weiterentwicklung der demokratischen Architektur, der Aufhebung des kulturellen Erbes und der Aktualisierung des antifaschistischen Gedenkens.
In diesem Zusammenhang ist auch die kommerzielle Nutzung des Campus für Werbung, Kongresse, etc. zurück zu drängen. Insbesondere die Werbung für Rüstungsunternehmen und Rüstungsforschung im Rahmen von Veranstaltungen zur Anwerbung von Akademikern ist zu unterbinden.

http://www.fsrk.de/artikel_238.html [Stand 30. Juni 2009]