.
dokumentiert

Zweiter Bericht der Universität Hamburg zur Umsetzung des „Bachelor-/Master-Memorandums“

Berichtszeitraum: Juni 2010 - September 2011

0. Allgemeine Entwicklungen

Die Universität Hamburg hat im Berichtszeitraum die Umstellung vom traditionellen auf das gestufte Studiensystem mit dem Wintersemester 2010/11 vollständig abgeschlossen. [1] Dabei liegt den Bachelor- und konsekutiven Masterstudiengängen ein einheitliches Grundkonzept zugrunde, das die Förderung allgemeiner und berufsfeldrelevanter Kompetenzen ebenso ermöglicht, wie die Gestaltung eines individuellen Wahlbereichs, in dem die Studierenden sich innerhalb ihres Fachgebietes und darüber hinaus ein ihren persönlichen Interessen besonders entsprechendes Curriculum zusammenstellen können.

Seit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge werden diese kontinuierlich weiterentwickelt, weil die Mitglieder der Universität es generell als ihre Aufgabe verstehen, das Studienangebot regelmäßig dem aktuellen wissenschaftlichen Stand anzupassen. Neben der Sicherstellung der fachwissenschaftlichen und hochschuldidaktischen Standards, wird auch die Umsetzung der Bolognareform einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen, welche im Austausch aller Mitglieder der Universität erfolgt. So ist auch im Struktur- und Entwicklungsplan 2012 der Universität die Nachsteuerung des Bolognaprozesses als Teilziel im Handlungsfeld Studium und Lehre festgeschrieben.

Mit der Einleitung des Bologna-Prozesses hat die Universität Hamburg einheitliche Strukturmodelle sowie einheitliche Prüfungsordnungen entwickelt, welche in allen Fakultäten sowohl für die Bachelor- als auch für die Masterstudiengänge Anwendung finden. Die somit gemeinsamen Rahmenbedingungen für alle Studiengänge werden regelmäßig einer Revision unterzogen, auch im Hinblick darauf, ob die festgeschriebenen Regelungen mit der ursprünglich intendierten Zielsetzung nach wie vor in Einklang stehen bzw. ob die ergriffenen Maßnahmen tatsächlich der Zielerreichung dienen. Gleichzeitig werden die Prüfungsordnungen und die sie ergänzenden Fachspezifischen Bestimmungen regelmäßig auf ihre Stimmigkeit mit den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben (KMK) überprüft. Auf der Grundlage der nun auch für die Masterstudiengänge vorliegenden Absolventen- und Studienverlaufsdaten sowie externen Peer Reviews ergeben sich belastbare Aussagen, die die Basis für weiteren Anpassungs- und Entwicklungsbedarf der Studiengänge bilden. Zudem wird in den zuständigen Gremien und Arbeitsgruppen regelhaft beobachtet, inwieweit der administrative Aufwand der Studien- und Prüfungsorganisation der Bachelor- und Masterstudiengänge im Verhältnis zu den erzielten Ergebnissen steht, wodurch sich künftig ebenfalls Überarbeitungsbedarf ergeben kann. [2]

Es wird deutlich, dass sich auf den verschiedenen Akteursebenen und in den unterschiedlichen Handlungsfeldern des Bereichs Studium und Lehre eine Vielzahl an Verbesserungsbedarfen und damit verbundenen z.T. parallel laufenden Entwicklungsprozessen ergeben können. Diese gilt es miteinander zu verzahnen, um für die Studierenden das bestmögliche Studienangebot und damit eine hohe Qualität der Lehre in den Bachelor- und Masterstudiengängen zu schaffen. Dabei spielt die Erarbeitung einer gemeinsamen Zielsetzung für das Handlungsfeld Studium und Lehre und die Festlegung gemeinsam vereinbarter Standards für eine verbesserte Umsetzung der Studienreform eine entscheidende Rolle.

Vor allem die hohe Anzahl der zu beteiligenden Akteure und Gremien und der aufwändige Abstimmungsbedarf aufgrund der engen Verflechtungen [3] besonders bei fakultäts- und hochschulübergreifenden Studiengängen, wie z.B. den Lehramtsstudiengängen [4], stellt die Universität vor große Herausforderungen. Hinzu kommt, dass im Handlungsfeld Studium und Lehre auch Zielkonflikte auftreten können. So wird aus den aktuellen Diskussionen im Zusammenhang mit einer möglichen Abschaffung der Fristenregelung für Pflichtmodule (siehe dazu ausführlicher Kapitel 2. Prüfungen) deutlich, dass z.B. die allgemeinen Ziele „Studierbarkeit“ und „Studienerfolg“ nicht zwangsläufig einher gehen mit dem Ziel „Abschluss des Studiums in Regelstudienzeit“ und entsprechende Entscheidungen das eine Ziel über das andere stellen würden.

Der Prozess der Überarbeitung der Bachelor- und Masterstudiengänge vereint in sich mehrere Aspekte, die zum Teil in die gleiche Richtung weisen, zum Teil aber auch als konträr anzusehen sind. Zusammengefasst geht es dabei insbesondere um:

1. Korrekturen von Regelungen (i.S.v. Behebung von Konstruktionsfehlern in den Prüfungsordnungen und Fachspezifischen Bestimmungen), deren Folgen bei der Einführung der Regelung von den Beteiligten anders eingeschätzt wurden.

2. Flexibilisierungen von Regelungen, die in ihrer ursprünglichen Ausbringung den Interessen der Beteiligten der Universität Hamburg nicht entsprechen bzw. durch äußere Rahmenvorgaben vorgegeben waren, nun aber flexibler gehandhabt werden sollen.

3. Erfahrungsgestützte Anpassungen von Regelungen und Strukturen, die sich im Rahmen der Umsetzung als problematisch erweisen, d.h. deren Steuerungswirkung sich als zu gering, kontraintentional oder von Nebenfolgen belastet erweist.

4. Weitere Anpassungen von Regelungen, die unter und innerhalb der beteiligten Institutionen und Gruppen umstritten sind, in denen sich etwa fachkulturell bedingt unterschiedliche Konzepte und Interpretationen zeigen hinsichtlich

a. des Charakters von Studium und Lehre,
b. der Erfordernisse eines geregelten Studienaufbaus,
c. der Bedeutung struktureller Steuerungsvariablen.

Aktuelle Initiativen in den Fakultäten/ Fächern

Momentan werden in einem Abstimmungsprozess zwischen Präsidialverwaltung und Fakultäten die Prüfungsordnungen der Fakultäten überarbeitet, wobei die Anregungen und Änderungswünsche [5] aufgrund der Umsetzungserfahrungen der vergangenen Jahre unter Berücksichtigung der neuen KMK Strukturvorgaben aufgegriffen werden. Die Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften hat die Überarbeitung ihrer Prüfungsordnungen für die Bachelor- und Masterstudiengänge in den zuständigen Gremien schon fast abgeschlossen und dabei den Gesamtprozess unterstützt und vorangetrieben; dieser soll in diesem Wintersemester abgeschlossen werden.

Nicht nur die Prüfungsordnungen werden weiterentwickelt: Im Berichtszeitraum wurden die Fachspezifischen Bestimmungen von 78 Studiengängen (siehe Anlage Änderungen und Neufassungen von Fachspezifischen Bestimmungen im Berichtszeitraum Juni 2010 bis September 2011) überarbeitet. Darin zeigt sich, dass die Universität Hamburg kontinuierlich an der Verbesserung der Studierbarkeit arbeitet.

Die Studierbarkeit wird zudem in einem umfassenden Verfahren in den Fächern Geographie, Romanistik und Volkswirtschaftslehre der Universität Hamburg im Rahmen eines mehrstufigen, peer-review basierten Pilotprojekts zur ‚Sicherung der Studierbarkeit durch Qualitätsmanagement in Studium und Lehre‘ des Verbundes Norddeutscher Universitäten (Nordverbund) evaluiert, das Anfang 2011 begonnen hat und Mitte 2013 abgeschlossen sein wird. Dieses Evaluationsverfahren überprüft und optimiert die Studierbarkeit in den beteiligten Fächern durch Analysen und daraus abgeleiteten Maßnahmen, hat jedoch ferner zum Ziel, durch die Weiterentwicklung von Qualitätssicherungsinstrumenten in Studium und Lehre und deren Zusammenführung in einem Qualitätsmanagementsystem allgemein zu einer nachhaltigen Verbesserung der Studierbarkeit an der Universität Hamburg beizutragen.

Im Berichtszeitraum sind in den Fakultäten weitere Foren zum Austausch über die Studienreform eingerichtet worden. Zu nennen sind hier der von Studierenden und Lehrenden der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft durchgeführte Kongress „Schöne Neue Bildung“. Der Fachbereich Bewegungswissenschaft hat im Frühjahr 2011 einen Studientag zur Reform der Studienstruktur durchgeführt, der zurzeit ausgewertet wird. Der Fachbereich Psychologie wird am 30.11.2011 einen dies academicus zum selben Thema durchführen. Die Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften hat im Berichtszeitraum ebenfalls einen Studienreformtag unter Beteiligung aller Statusgruppen veranstaltet. Der Fachbereich Sprache, Literatur, Medien und der Fachbereich Europäische Sprachen und Literaturen (SLM I+II) der Fakultät für Geisteswissenschaften haben des Weiteren seit 2009 einen umfassenden Revisionsprozess zur Weiterentwicklung der Studiengänge der Fachbereiche durchlaufen (‚SLM-neu denken‘). Dieser Prozess wird im Wintersemester 2011/12 weitergeführt, um die Implementierung der bisher aus diesem Verfahren abgeleiteten Maßnahmen zu überprüfen und den diskursorientierten Studienreformprozess kontinuierlich fortzuführen.

Im Folgenden soll – auch vor dem Hintergrund, dass zwischenzeitlich in vielen Fachbereichen mit weiteren Studierendenjahrgängen [6] Erfahrungen gemacht werden konnten und somit objektivierbare und validere Daten aus Befragungen vorliegen, aus denen nachhaltige Maßnahmen abgeleitet werden können, – der Schwerpunkt konkret auf Maßnahmen und eingeleitete Reformvorhaben mit Hinblick auf die fünf Gesichtspunkte des Memorandums gelegt werden.

Die einzelnen Maßnahmen, die die Fakultäten bezüglich der im Memorandum vereinbarten Themen Stofffülle, Prüfungsdichte, Schlüsselqualifikation, Berufsqualifikation und Mobilität ergriffen haben, sind zusammenfassend und exemplarisch für die Universität dargestellt:

1. Stofffülle / Verbesserung der Studierbarkeit

Generell haben sich nahezu alle Fakultäten mit der Frage beschäftigt, wie die Studierbarkeit verbessert werden könnte bzw. an welchen Stellen die Curricula entzerrt werden können. Dabei hatte und hat die Stofffülle je nach Studienfach und Fakultät unterschiedliche Ursachen.

Ein häufig gewählter Weg zur Reduktion der Belastung stellt dabei die Flexibilisierung des Studienangebotes dar, da es dadurch den Studierenden nach den bisherigen Erfahrungen leichter fällt, andere Aufgaben und Verpflichtungen mit dem Studium in Einklang zu bringen. Die Ausweitung der Wahl- und Wahlpflichtbereiche, die Erhöhung der Frequenz des Lehrangebotes, der Einsatz von eLearning und die großzügige Anerkennung extern erbrachter Leistungen erlauben den Studierenden eine Flexibilisierung der individuellen Studienplanung und senken damit die Belastung.

Beispiele für die Umsetzung in den Fakultäten/ Fächern:

Konkret wurden bezüglich der Entschlackung der Curricula z.B. im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre ein Modul aus dem Pflichtbereich gestrichen und im Masterstudiengang Economics drei Pflichtmodule stofflich reduziert und umstrukturiert; d.h. statt zwei gleichwertigen Teilen pro Modul bestehen die Pflichtveranstaltungen nun aus einer Hauptvorlesung und einer Methodenvorlesung, wobei die Methodenvorlesung ohne eigene Prüfung stattfindet.

An der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft sind im Rahmen eines koordinierten Prozesses zur Überarbeitung der Module, der im Oktober 2011 in Gang gesetzt wurde, die Modulbeauftragten und Studiengangsleitungen aufgefordert, insbesondere die Qualifikationsziele und Inhaltsbeschreibungen der Module auf der Basis der Erfahrungen der ersten Bachelordurchgänge zu überarbeiten, und dabei hauptsächlich auch auf Zusammenführungen und Entschlackungen hinzuwirken.

In der Fakultät für Geisteswissenschaften wird für die sprachlehrintensiven Fächer eine Erweiterung der Studienzeit auf einen achtsemestrigen Bachelor als weitere Möglichkeit der Entlastung diskutiert.

Die Verlängerung der Wahl- bzw. Wahlpflichtbereiche zeigt sich z.B. in den Studiengängen der Politikwissenschaft und Journalistik durch den Wegfall der Regelung, dass im Wahlbereich nur Veranstaltungen außerhalb des eigenen Faches gewählt werden können; dadurch konnte eine Erweiterung der Wahlmöglichkeiten erzielt werden. In der Soziologie wurden sieben statt fünf Vertiefungsbereiche bzw. Profilbereiche geschaffen sowie eine Erweiterung der Kombinationsmöglichkeiten (Auswahl) von einzelnen Lehrveranstaltungen in der Vertiefungsphase bzw. im Profilbereich geschaffen. Beim Wahlpflichtbereich wurde in einigen Studiengängen die interne Differenzierung in Teilmodule zugunsten eines großen Moduls, innerhalb dessen frei gewählt werden kann, aufgehoben. Auch dadurch haben sich für die Studierenden mehr Wahlmöglichkeiten ergeben.

Für den Aspekt der freien Wahlmöglichkeiten in den Lehramtsstudiengängen wurde ein zusätzliches, außercurriculares Modul „Ergänzungsstudium“ in Form eines leeren Containers (Modulhülse) geschaffen, in dem Studien- und Prüfungsleistungen, die über die Pflicht- oder Wahlpflichtbereiche hinaus erbracht wurden, wenigstens dokumentiert werden können; hier können z. B. auch Veranstaltungen im Master of Education anerkennungsfähig „lagern“, die bereits während des Bachelorstudiums im Vorgriff absolviert wurden. Es ist geplant, diesen Container mittelfristig zu einem freien Wahlmodul/-bereich auszubauen, aus welchem auch Leistungspunkte „abgerechnet“ werden können.

Zudem konnte die Ausweitung des Wahlbereichs dadurch erreicht werden, dass in einigen Studiengängen der Angebotszyklus von Seminaren und Vertiefungsvorlesungen auf semesterweise statt bisher jährlich erhöht wurde.

Ausbau des eLearning-Angebots: Neben der personellen Aufstockung der eLearning-Büros wurden im Rahmen eines eLearning-Förderprogramms z.B. in der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 2010 zehn neue Projekte initiiert und betreut. Zurzeit läuft dort die zweite Förderrunde mit nochmals vier Projekten. Ein neues „Classroom Response System“ [7] wurde eingeführt. Es kam bisher in sechs Vorlesungen mit rund 1.050 Studierenden zum Einsatz und wurde positiv evaluiert, so dass aktuell 800 Clicker zur Verfügung stehen, um die Interaktion in großen Vorlesungen zu unterstützen. Auch der Bereich Vorlesungsaufzeichnungen konnte weiter ausgebaut werden, so dass beispielsweise im Wintersemester 2011/2012 erstmals neun Vorlesungen parallel aufgezeichnet werden. Die Zahl der Zugriffe auf die Multimedia- Videos stieg zuletzt auf rund 35.000 pro Semester. Die Fakultätsplattform WiSo- CommSy hat mittlerweile mehr als 5.500 Nutzerinnen bzw. Nutzer und 300 Projekträume. Nach einer gemeinsamen Schätzung mit dem Zentralen eLearning-Büro setzen mittlerweile knapp 50 % der Lehrveranstaltungen an der Fakultät eLearning-Systeme bzw. -medien ein. Die Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft hat bezüglich des Ausbaus des eLearnings in die Anträge zum Qualitätspakt Lehre eine erhebliche Ausweitung der Tutorinnen- bzw. Tutoren- und Mentorinnen- bzw. Mentorenprogramme aufgenommen.

Generalisierte/vereinfachte Anerkennungsverfahren sowie Anrechnungen von extracurricularen Tätigkeiten: Die Universität Hamburg bemüht sich um die Vereinfachung der Anerkennungsverfahren und hat die Fakultäten entsprechend über die Umkehr der Beweislast (Lissabon-Konvention) informiert. Insofern soll in allen Studiengängen der Universität die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen (gerade auch bei Learning Agreements für Auslandssemester) generell nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit und nicht im Hinblick auf eine 1:1 Passung vollzogen werden.

Das im Mai 2011 gestartete Hamburger Tutorienprogramm des ZHW unterstützt und berät die Tutorinnen und Tutoren bei ihren Aufgaben. Mit didaktischen Workshops und einem vielfältigen Serviceangebot begleitet es Studierende auf ihrem Weg in die Lehre. Diese Schulungen sowie ggf. das Tutorium selbst sollen nach der Vorstellung z.B. der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft im Rahmen des Studiums anerkannt werden können, so dass die Tutorinnen und Tutoren insgesamt weniger Prüfungen absolvieren müssen.

In der Fakultät für Rechtswissenschaft (die zwei Bachelorstudiengänge anbietet, die sich noch in der Anfangsphase befinden) wurde bereits bei der Konzeption der Einführungsmodule auf eine angemessen Stofffülle geachtet. Dafür wurden Veranstaltungen in der Anfangsphase kreiert, die im Zivilrecht und Öffentlichen Recht die Grundlagen schaffen, die für die inhaltliche Ausrichtung und die spätere Berufspraxis als notwendig erachtet werden und bisher von der Stofffülle gerade im Vergleich mit dem Staatsexamensstudiengang von den Studierenden als angemessen angesehen werden.

2. Prüfungen

Das Hauptproblem in vielen Studiengängen im Prüfungswesen bestand darin, dass die Umfänge von Prüfungen in vielen Fällen noch an den „alten“ Studienstrukturen orientiert sind, ihre Zahl aber deutlich zugenommen hat und zudem (besonders bei Klausuren und mündlichen Prüfungen) eine Ballung in den zwei bis drei Wochen vor oder nach dem jeweilige Ende bzw. Beginn der Vorlesungszeiten stattfindet.

Schließlich wird es als Problem gesehen, dass die Prüfungsleistungen in definierten, häufig als zu kurz wahrgenommenen (Modul-)Fristen zu erbringen sind. Die Ursache der zu hohen Prüfungslast wurde zum Teil also weniger in der Zahl der Prüfungen, als vielmehr in der geringen Flexibilität für die Studierenden gesehen. Generell werden die Fristenregelungen von einigen Fakultäten als besonders schwer zu administrieren erachtet. So besteht in mehreren Fakultäten die Absicht, die Fristenregelung durch die Wiederholungsregelung zu ersetzen. In einer fakultätsübergreifenden Initiative wird daher aktuell die Ausgestaltung der Fristenregelung überarbeitet. Aufgrund der zuvor beschriebenen engen Verzahnung der verschiedenen Studiengänge muss speziell bzgl. der Fristenregelungen ein einheitliches Vorgehen erzielt werden. Hierbei werden unterschiedliche Modelle (Fristenregelung versus Versuchsregelung) [8] mit ihren Vor- und Nachteilen im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit der Erreichung der intendierten Ziele unter Berücksichtigung der administrativen Umsetzung abgewogen.

Ein weiteres Element, das den Prüfungsdruck ggf. erhöht hat, ist die Benotung der Module; in diesem Bereich sind von den Fakultäten bereits unterschiedliche Maßnahmen eingeleitet worden.

Die Möglichkeit der Reduzierung der Prüfungslast hängt allgemein von der Modulstruktur der jeweiligen Studiengänge, konkret der Anzahl und Größe der Pflicht- und Wahlpflichtmodule ab. Dies wiederum ist abhängig von den inhaltlichen Anforderungen des Faches sowie ggf. der auf die Module zugreifenden Kooperationsstudiengänge.

Beispiele für die Umsetzung in den Fakultäten/Fächern:

Auf der strukturellen Ebene gibt es die Möglichkeit, die Module zu vergrößern und damit eine Verringerung der Prüfungsfrequenz bzw. eine Reduktion der Prüfungslast zu erzielen. Konkret wurden z.B. in der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften kleinteilige Module zu größeren Modulen zusammengefasst, womit sich weniger Prüfungen und eine größere (modulinterne) Auswahl aus unterschiedlichen Seminarangeboten ergaben. Auch wurden die Pflichtmodule stofflich reduziert und umstrukturiert (d.h. z.B. statt zwei gleichwertigen Teilen pro Modul bestehen die Pflichtveranstaltungen nun aus einer Hauptvorlesung und einer Methodenvorlesung ohne eigene Prüfung) und zum Teil sogar ganz gestrichen. In der Fakultät für Geisteswissenschaften besteht dahingehend Konsens, dass im Wahlbereich zukünftig keine Prüfungsleistungen, sondern nur noch Studienleistungen erbracht werden sollen, was die Prüfungslast deutlich senken würde. In diesem Zusammenhang werden bereits fakultätsübergreifende Diskussionen geführt, die das Modell eines prüfungsreduzierten Wahlbereichs, der den jeweiligen fachkulturspezifischen Anforderungen Rechnung trägt, erörtern. Weiterhin gibt es in der Fakultät für Geisteswissenschaften Überlegungen, mehr Lehrveranstaltungen ohne Prüfungsabsicht besuchen zu können (‚Teilnahmeschein‘). Dies könnte z.B. im prüfungsbefreiten Wahlbereich realisiert werden. Die Prüfungsanzahl wurde von Studierenden der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften unterschiedlich bewertet. Teilweise wurde eine Reduktion der Prüfungen gewünscht, teilweise wurde jedoch auch eine größere Zahl von Prüfungen mit entsprechend geringerem Prüfungsstoff gewünscht. Die Zahl der Prüfungen wurde deshalb jeweils im Rahmen der fachspezifischen Studienreform angepasst.

Auf der prüfungsorganisatorischen Ebene ist z.B. in der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften durch die Flexibilisierung der Prüfungspraxis – d.h. Prüfungen können unabhängig von bestimmten festgelegten Terminen nachgeholt werden – ein deutlicher Druck von den Studierenden genommen worden. Eine Flexibilisierung der Prüfungspraxis im Sinne einer großzügigen Handhabung der Fristenregelung wird auch in der Fakultät für Geisteswissenschaften praktiziert. In der Bewegungs- und Erziehungswissenschaft wird z.B. das Referenzsemester als Definition des Zeitpunktes angesehen, zu dem ein Modul begonnen werden sollte, wenn seitens des Studienganges garantiert werden soll, dass das Studium in der Regelstudienzeit abgeschlossen werden kann (Normgröße für das Studienangebot). Die Frist, innerhalb der für ein Modul die Prüfung zu absolvieren ist, bemisst sich aber allein daran, in welchem Semester die erste Veranstaltung eines Moduls tatsächlich studiert wird, so dass auf diesem Wege die Studierenden eine deutliche zeitliche Entlastung erfahren und die Zeit für die Prüfungen selbstbestimmt einteilen können.

Eine weitere Erleichterung bietet die Einführung von neuen didaktischen Konzepten wie z.B. „Learning Contracts“ im Sinne des „Individual Studies“-Modells, die den Erwerb von Leistungspunkten außerhalb von Lehrveranstaltungen ermöglichen, wie z.B. in der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, oder das Angebot bei Wiederholungsprüfungen andere Prüfungsformen wählen zu können.

Lockerung der Regelungen zur Prüfungswiederholung und zur Anmeldung zu Prüfungen: Im Fachbereich Sozialwissenschaften wurde die Pflicht zur Teilnahme am ersten Prüfungsversuch gestrichen, so dass Studierenden nunmehr die freie (sanktionslose) Wahl haben, ob die Prüfung zum ersten oder zweiten Termin absolviert wird; bei Hausarbeiten entfällt zudem die Notwendigkeit, sich zum zweiten Termin gesondert anzumelden, die Abgabefrist wird allein durch den jeweils zweiten Termin definiert (in Absprache mit den Prüfungsausschussvorsitzenden). Darüber hinaus hat der Fachbereich eine Verkürzung der An-, Ab- und Ummeldefrist bei Klausuren auf eine Woche vor Prüfungstermin (in Absprache mit den Prüfungsausschussvorsitzenden) eingerichtet.

Auch von den Studierenden der Fakultät für Geisteswissenschaften wird der Nexus von Anmeldung zur Lehrveranstaltung und gleichzeitiger Anmeldung zur Prüfung kritisch gesehen. Die Fakultät will nun prüfen, ob eine später im Semester erfolgende Anmeldung zur Prüfung kapazitär darstellbar und vom administrativen Aufwand her verantwortbar ist. In der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft soll eine explizite statt (bisher) implizite Prüfungsanmeldung durch die Studierenden etabliert werden, wodurch eine freie Wahl des Prüfungstermins durch die Studierenden ermöglicht wird.

In einigen Studiengängen ist die Begrenzung der Prüfungsversuchsanzahl auf drei aufgehoben wurden, so dass innerhalb der Modulfristen nunmehr vier Versuche möglich geworden sind.

Benotung: In allen Fakultäten sind Modelle zur Reduktion des Prüfungsdrucks durch Nicht-Benotung oder gewichtete Noten erprobt worden. So z.B. im Pilotversuch"SLM - neu denken": Im Studiengang Germanistik geht die Note des Einführungsmoduls nicht mehr in die Gesamtnote ein. In der Historischen Musikwissenschaft ist eine unterschiedliche Gewichtung der Studienphasen vorgenommen worden, wobei die Eingangsphase in der Gesamtnote weniger stark gewichtet wird als die folgenden Studienabschnitte.

Ähnliches gilt für viele Studiengänge der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften. Dort gibt es „Best-of“-Regelungen, bei denen aus einer Reihe von Modulnoten nur die Beste(n) in die Abschlussnote eingeht (eingehen).

In der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft ist eine Neu-Justierung der Endnotenberechnung vorgesehen mit dem Ziel, die Zahl der benoteten Prüfungen deutlich zu senken und durch unbenotete Prüfungen zu ersetzen.

3. Schlüsselqualifikationen

Die Schlüsselqualifikationen bzw. allgemeinen berufsqualifizierenden Kompetenzen (ABK) sind in allen Bachelorstudiengängen in den Kerncurricula verankert. Der ABK-Bereich ist in allen Fakultäten gut ausgebaut und etabliert. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen werden die vorhandenen Angebote von den Fakultäten evaluiert und inhaltlich angepasst bzw. optimiert.

Der ABK Bereich ist in den meisten Fakultäten fach- und fachbereichsübergreifend organisiert, allerdings bisher für die Lehramtsstudiengänge nicht zugänglich. Es ist angestrebt, den ABK-Bereich durch die Schaffung eines freien Wahlbereichs auch für die Lehramtsstudiengänge zu öffnen. Dies setzt jedoch eine partielle Neuverteilung der Leistungspunkte auch zwischen Teilstudiengängen voraus und muss von allen an der Lehramtsausbildung beteiligten Fakultäten gemeinsam getragen werden.

4. Berufsqualifikation

Angebote zur Berufsorientierung für Bachelorstudierende bietet der ABK-Bereich, gleichzeitig sind Praxisphasen in allen Bachelorstudiengängen vorgesehen. Darüber hinaus sind in vielen Studiengängen Zeitfenster vorgesehen, die es ermöglichen, neben den Pflichtpraktika weitere Praktika nach Eigeninteresse zu belegen. Eine weitere Initiative zur stärkeren Einbindung der Berufspraxis ist es, das Service-Learning Konzept in Seminaren zu verankern und damit den Praxisanteil weiter zu erhöhen.

Einige Studiengänge (z.B. in der Fakultät für Rechtswissenschaft) haben bereits bei der Studiengangsentwicklung die Arbeitgeberseite direkt mit einbezogen; so wurden Gespräche über das Curriculum und zur Berufsfähigkeit der Absolventinnen und Absolventen mit potentiellen Arbeitgebern geführt.

Lehramtsstudiengänge: Eines der Ziele der Umstellung der Studienstrukturen war die Stärkung der Professionalisierung, insbesondere mit Blick auf die praktische Vorbereitung auf den Lehrerberuf. Entsprechend ist im Rahmen der Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf das gestufte System der Anteil der Praxiserfahrungen deutlich erhöht worden, wobei in enger Kooperation zwischen der Behörde für Schule und Berufsbildung, dem Zentrum für Lehrerbildung (ZLH), dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung ( Li) und der Universität das innovative und in dieser Form einzigartige Konzept des „Kernpraktikums“ im zweiten und dritten Semester des Masterstudiengangs entwickelt und implementiert wurde. Inwiefern es dabei gelungen ist, die Ausweitung der Praxiserfahrungen nicht zu einem pragmatistischen Ausbildungskonzept, sondern zu einem auf Reflexion der eigenen Erfahrungen und Entwicklungen, aber auch der Institutionen, Fächer und Strukturen angelegten intensiven Lernprozess mit Professionalisierungswirkung zu gestalten, muss noch evaluiert werden. Die ersten Erfahrungen haben aber bereits zu organisatorischen (etwa beim ZLH hinsichtlich der Auswahlverfahren für die Begleitseminare und der Zeitfenster) und inhaltlichen Adjustierungen geführt (etwa mit Blick auf die Mentorinnen- bzw. Mentorenschulungen).

Derzeit laufen die Vorbereitungen für eine Pilot-Studienabschlussbefragung der ersten Master of Education-Kohorte im Sommersemester 2012.

5. Mobilität

Alle Fakultäten verstehen die Förderung der Mobilität der Studierenden als ein wichtiges Ziel. Allerdings erschweren die eng getakteten Studienpläne oftmals einen Aufenthalt an anderen Hochschulen. Einige Fakultäten haben sich mit einem eigenen International Office, mit mehreren double-degree Studiengängen, mit einer Vielzahl an Kooperationsprogrammen und mit einer großen Zahl an incoming und outgoing students sehr gut aufgestellt, wobei hier noch Entscheidungen über die ressourcenmäßige Verstetigung ausstehen. Aus Sicht der Fakultät für Geisteswissenschaften scheinen es vorwiegend ökonomische (Erwerbstätigkeit während Auslandsaufenthalt nicht möglich, die volle Kostendeckung durch Stipendien ist nicht gegeben etc.) oder soziale Gründe zu sein, die Studierende davon abhalten, einen längeren Auslandsaufenthalt einzulegen. In der Tendenz scheint die Nachfrage nach kürzeren-Aufenthalten (bis zu einem Semester) zuzunehmen.

Beispiele für die Umsetzung in den Fakultäten/ Fächern:

Im Bereich der Philologien der Fakultät für Geisteswissenschaften sind „Mobilitäts-Fenster“ vorgesehen, in denen Pflicht-Auslandsaufenthalte absolviert werden. In vielen Studiengängen, wie z.B. der Soziologie, Politikwissenschaft und Biologie, wurden von Anfang an Semester so konzipiert, dass ein oder zwei Auslandssemester problemlos, d. h. ohne Verlängerung der Studiendauer, absolviert werden können. In anderen Studiengängen, wie z.B. im Masterstudiengang Internationale Kriminologie, ist ein Zeitfenster für einen Auslandaufenthalt im dritten Fachsemester prüfungsrechtlich verankert und die damit zusammenhängen Anerkennungsfragen geregelt. Generell wird in allen Fakultäten bei der Überarbeitung der Curricula dieser Aspekt mit reflektiert, sofern er nicht bereits bei der Konzeptionierung der Curricula Berücksichtigung gefunden hat. In vielen Studiengängen bieten sich schon jetzt Fachsemester, in denen vorwiegend Wahlpflichtveranstaltungen zu absolvieren sind, idealerweise an, als Auslandssemester genutzt zu werden, was den Studierenden entsprechend empfohlen wird. Aber auch geänderte Zulassungsvoraussetzungen zur Masterarbeit ermöglichen für die Studierenden mehr Flexibilität bei der Planung und Durchführung eines Auslandsaufenthaltes (z.B. im Masterstudiengang Politics, Economics and Philosophy).

Grundlegend für die Erhöhung der Mobilität sind verbindliche Absprachen und Vereinbarungen mit ausländischen Hochschulen zum Studierenden-Austausch. So profitieren z.B. Studierende der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften von insgesamt 98 Erasmus-Kooperationen. Im Berichtszeitraum konnten zwölf neue Kooperationen abgeschlossen werden. Darüber hinaus bestehen innerhalb der Fakultät sieben weitere internationale Kooperationen und die Zahl der Studierenden, die ein Auslandstudium absolvierten, konnte von 2009 bis 2010 von 153 auf 194 gesteigert werden. Zukünftig soll ein stärkeres Gewicht auf die Qualität als auf die Anzahl der Kooperationen gelegt und bestehende Kooperationen sollen dahingehend entsprechend überprüft werden. In der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft existieren im Berichtszeitraum mehr als 30 Partnerschaftsverträge mit ausländischen Hochschulen. Neben den Erasmus-Verträgen und den Memoranden of Understanding zählen hierzu insbesondere die Campus Europae-Verträge. Allgemein soll die Mobilität in der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften durch die kompetenzorientierte und deutlich flexiblere Anerkennung externer Studien- und Prüfungsleistungen verbessert werden. In den Fachbereichen wird verstärkt darauf hin gearbeitet, mit anderen - insbesondere internationalen - Hochschulen Vereinbarungen zu treffen, so dass jeweils bereits im Vorfeld eines Austauschs die anschließende Anerkennungen der anderenorts belegten Module garantiert werden kann.

Eine weitere von den Fakultäten ergriffene Maßnahme, um die Mobilität zu erhöhen, ist die Einrichtung von bi-/trinationalen Studiengängen (Joint Degree Programme). Beispielhaft seien hier einige konkrete Double Degree-Abkommen im Bereich Sozialwissenschaften und Sozialökonomie zwischen der Universität Hamburg und der Universität Recife/Brasilien, mit Finec /St. Petersburg/Russland und mit der Universität Antalya/Türkei genannt. Der Erasmus Mundus-Studiengang Journalism and Globalisation wird zukünftig einen Joint Degree (bisher Double Degree) anbieten.

Entsprechende Learning Agreements werden in fast allen Studiengängen der Universität eingesetzt.

6. Berücksichtigung KMK Vorgaben von 2010

Für die Fakultäten und Fachbereiche der Universität Hamburg sind die Strukturvorgaben der Kultusministerkonferenz selbstverständlich ein wichtiger Orientierungspunkt, wenn es um die Gestaltung und Weiterentwicklung der Bachelor- und Masterstudiengänge geht. Insbesondere die Motive, die 2010 zu deren Überarbeitung durch die KMK geführt haben, werden von der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder der Universität begrüßt: Die Studierbarkeit der modularisierten Studiengänge zu verbessern und die Belastung der Studierenden zu reduzieren, um ihnen wieder Freiräume für ein selbstbestimmtes, an Wissenschaftlichkeit orientiertes Studium zu eröffnen. Gerade denjenigen, die sich diese Ziele bei der Entwicklung neuer und der Weiterentwicklung bestehender Studiengänge zu eigen gemacht haben, ist allerdings aufgefallen, dass die Vorgaben der Kultusministerkonferenz kreativen, didaktisch fundierten und der jeweiligen Fachkultur angemessenen Ansätzen der Studienganggestaltung teilweise im Weg stehen, weil sie weniger qualitative Ziele als quantitative Normen formulieren. So setzt die Festlegung einer Mindestgröße für Module oder einer Höchstzahl für Prüfungen, so nachvollziehbar die Intention auch ist, den falschen Anreiz, sich bei der Weiterentwicklung von Studiengängen auf die formale Studienstruktur zu konzentrieren, anstatt auf ihre inhaltlich-didaktische Gestaltung. Die Universität Hamburg möchte deshalb nachdrücklich anregen, bei der nächsten Überarbeitung der Strukturvorgaben durch die KMK den Fokus stärker auf qualitative Standards für Studium und Lehre zu legen und weniger auf quantitative Normen, deren Erfüllung zwar leichter abprüfbar ist, die den komplexen und individuellen Lehr- und Lernprozessen an einer Hochschule aber nicht gerecht werden.

7. Ausblick

Neben den oben beschriebenen Maßnahmen, die innerhalb der Universität Hamburg getroffen wurden, um die von den Studierenden formulierten und im Memorandum aufgegriffenen Kritikpunkte und Probleme im Hinblick auf eine Verbesserung der Studierbarkeit der gestuften Studiengänge zu begegnen, sind eine Reihe von Einschränkungen im Studium auch auf nicht von der Universität Hamburg beinflussbare Rahmenvorgaben zurück zu führen. Um die Studienreform weiter effektiv betreiben und die Qualität von Studium und Lehre kontinuierlich verbessern zu können, wäre es aus Sicht der Universität notwendig, folgende Aspekte gemeinsam mit der Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) zu erörtern:

  • Erhöhung der Curricularnormwerte
    In mehreren Fällen hat sich herausgestellt, dass die bestehenden Curricularnormwerte nicht ausreichend sind. Viele Studienreformmaßnahmen, die eigentlich geboten wären und die zur einer Verbesserung der Studienerfolgsquote führen würden, lassen sich deshalb nicht durchführen.
  • Rechtssicherheit bei der Festlegung der Zahl der Studienplätze Derzeit gibt es teilweise widersprüchliche Vorgaben von BWF und Verwaltungsgerichten. Für politische Entscheidungen müssten daher geeignete Rechtsgrundlagen geschaffen werden, damit deren Umsetzung auch vor Verwaltungsgerichten Bestand haben. So ist in den Ziel- und Leistungsvereinbarung und im auch im Struktur- und Entwicklungsplan (STEP) eine bestimmte Zahl von Studienplätzen vereinbart bzw. festgelegt worden. Die tatsächlichen Studienplatzzahlen werden jedoch gemäß klassischer Kapazitätsberechnung ermittelt, welche in der Regel stark von den politisch vereinbarten Zahlen abweichen. Darüber hinaus sind die rechtlichen Rahmenbedingungen teilweise nicht ausreichend, so dass die Verwaltungsgerichte die Universität verpflichten kann bzw. verpflichtet hat, über die vorhandenen Kapazitäten hinaus Studienanfänger aufzunehmen. Aber gerade in den experimentellen Fächern wie auch anderen Studiengängen muss die Universität jedoch in der Lage versetzt werden, sehr exakt planen zu können, da die Anzahl der Praktikums-, Laborplätze etc. nicht kurzfristig erweitert werden kann.
  • Rücknahme von Detailregelungen im Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG) Im Zuge der anstehenden Novelle des HmbHG sieht die Universität eine gute Gelegenheit, einige Regelungen auf ihre Kleinteiligkeit hin zu überprüfen, da das derzeitige HmbHG im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr weitreichende Vorgaben in Richtung der Gestaltung von Satzungen vorsieht. So ist aktuell in § 60 HmbHG sehr umfassend geregelt, welche Merkmale von Studiengängen in Hochschulprüfungsordnungen zu spezifizieren sind. Es wäre aus Sicht der Universität Hamburg überaus wünschenswert zu hinterfragen, welche Merkmale tatsächlich zwingend erforderlich aufgeführt werden müssen.
    Die detaillierten Vorgaben über die Möglichkeit der Wiederholbarkeit von Prüfungen in §65 HmbHG sollten aus Sicht der Universität gestrichen werden (vgl. bspw. Niedersächsisches Hochschulgesetz). Es sollte zumindest die Möglichkeit geschaffen werden, einen weiteren (vierten) Prüfungsversuch zu ermöglichen, da dies als Konsequenz der Modularisierung geboten scheint (jedes Modul ist mit zwei Prüfungsmöglichkeiten versehen; bei Nichtbestehen sollte eine komplette Wiederholung des Moduls ermöglicht werden, was weitere zwei Versuche impliziert).
  • Übergang zwischen Bachelor- und Masterstudium
    Hinsichtlich der Lehramtsstudiengänge wünscht die Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft (Fakultätsratsbeschluss im Juli 2011) eine Änderung der Vorgaben des HmbHG zugunsten der Möglichkeit einer kombinierten Zulassung i. S. einer garantierten Übergangsmöglichkeit vom Bachelor- in den Masterstudiengang ohne erneutes Zulassungsverfahren. Da bei diesen Studiengängen mit Blick auf das Berufsziel auf einen ganz bestimmten Bachelorstudiengang auch nur ein ganz bestimmter Masterstudiengang studiert werden kann, ist die mit der Einführung des Bachelor-Master-Systems angestrebte Polyvalenz eines Bachelorabschlusses nur eine „scheinbare Polyvalenz“, da diese im Bereich Lehramt nicht oder nur stark eingeschränkt gegeben ist. Es handelt sich also eher um eine künstliche Stufung der Lehramtsausbildung, die durch einen garantierten Übergang in die Masterphase zu lösen wäre.

Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre
BWF und Universität sollten gemeinsam eine Haltung entwickeln, mit welchem Verfahren (Systemakkreditierung, Audit oder anderen anerkannten Verfahren) zukünftig die (externe) Qualitätsbetrachtung gestaltet werden soll, wobei aus Sicht der Universität unter Umständen mit selbst entwickelten Verfahren auf Basis der European Standard and Guidelines (ESG) hier auch neue Wege der Qualitätssicherung in Studium und Lehre beschritten werden könnten.

Anlagen siehe pdf-Datei


[1Mit Ausnahme der Staatsexamensstudiengänge in Jura, Medizin und Pharmazie, Lebensmittelchemie und der Evangelischen Theologie (Kirchliche Prüfung). Hier sind jedoch bis auf Weiteres keine Veränderungen in Richtung gestuftes Studiensystem geplant.

[2Die eine Studienreform als notwendige Basis der Informationserhebung begleitenden Verfahren und Instrumente der Qualitätssicherung, die die Universität auf zentraler- und Fakultätsebene eingeführt und aufgebaut hat, und die an der Universität Hamburg etablierten Prozesse zur dauerhaften Weiterentwicklung der Qualität in Lehre und Studium wurden bereits im Bericht zur Umsetzung des Memorandums in 2010 ausführlich dargestellt.

[3So erfordert z.B. die gemeinsame Nutzung von Modulen in verschiedenen Studiengängen eine enge Koordination von Regelungen und Änderungen, für die verschiedene Gremien zuständig sind.

[4Allein innerhalb einer Fakultät der Universität sind für das Lehramtsstudium z.B. in der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft folgende Gremien beteiligt: Studiengangsleitungen mit ihren Koordinierungsausschüssen, Referat für Studium und Lehre des Dekanats, Konferenz der Studiengangsleitungen (Satzungsgremium), Fakultätsausschuss für Studium, Lehre und Studienreform („FALSS“, Satzungsgremium), Konferenz der Prüfungsausschussvorsitzenden (Satzungsgremium), Dekanats-Leitungsrunde, Fakultätsrat, Studiendekanekammer beim Vizepräsidenten für Lehre, Studiendekanerunde beim Zentrum für Lehrerbildung (ZLH), ZLH-Rat sowie zentrale und dezentrale Prüfungsausschüsse für die Lehramtsstudiengänge („BAPAL“, „MAPAL“). Zudem sind wesentliche Abstimmungen mit den entsprechenden Prüfungsämtern nötig.

[5Diese könnten in Hinblick auf die Studierendenkritik mit dem Titel ’Abbau von Restriktionen im Bachelor-Master-Studium’ überschrieben werden.

[6Bislang liegen für alle Module hauptsächlich für die Bachelorstudiengänge praktische Erfahrungen aus einem oder mehreren vollständigen Durchgängen vor, viele Masterstudiengänge befinden sich in der Anfangsphase bzw. haben den ersten Durchlauf gerade abgeschlossen (v.a. Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft und Fakultät für Rechtswissenschaft (hier die Bachelorstudiengänge)). Insofern können nicht bei allen Studiengängen sich aus der Praxis ergebende Erfahrungen einbezogen werden, so dass mögliche Umsteuerungen zeitgleich mit der Konkretisierung bzw. Praxiserfahrung mit den Regelungen vor ihrer ersten Umsetzung erfolgen.

[7Dies ist ein Abstimmungstool zur Erhöhung der Interaktion zwischen Studierenden und Lehrenden in Großveranstaltungen.

[8Während im Fristenmodell wie bereits beschrieben, die zu erbringenden Prüfungen innerhalb definierter Fristen zu absolvieren sind, ist bei der Versuchsreglung bzw. Wiederholungsreglung lediglich die Anzahl der Prüfungen und deren Wiederholungen ausschlaggebend, unabhängig von zeitlichen Fristen.

http://www.fsrk.de/artikel_283.html [Stand 25. Januar 2012]


Studienreformbericht November 2011