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FSRK

Offener Brief der FSRK an das Unipräsidium

Antwort auf die Email des Vizepräsidenten vom 25.7.2006 zum Verwaltungsgebührenboykott

Hamburg, den 24. August 2006

„Im Bewußtsein der wechselvollen Geschichte und der gesellschaftlichen Verantwortung der Universität bezieht sich der Akademische Senat dabei auf das am 15. Juni 1998 beschlossene Leitbild der Universität als Auftrag zum Schutz und zur Verwirklichung wissenschaftlicher Freiheit, zur Mitgestaltung eines sozialen und demokratischen Rechtsstaates und einer friedlichen und menschenwürdigen Welt sowie zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung und der Gleichstellung der Geschlechter.“
Präambel der Grundordnung, beschlossen vom AS am 9.3.2006.

"Die Einkommens- und Beschäftigungschancen einer Region sind in hohem Maße von der Humankapitalausstattung abhängig. Die Akkumulation von Humankapital wird zunehmend zu einem treibenden Faktor des wirtschaftlichen Wachstums. [...] In der globalen Konkurrenz kommt es zunehmend darauf an, attraktiv für international orientierte Führungskräfte und innovative Leistungsträger zu sein. Hamburg benötigt deshalb optimale Bedingungen für die Zuwanderung von Know-how-Trägern. Ziel muss sein, Netto-Importeur von qualifizierten Arbeitskräften zu werden."
Regierungsprogramm, Leitbild: Metropole Hamburg - Wachsende Stadt, 11.07.2002

Liebe Herr Lüthje,
lieber Herr Fischer,
lieber Herr Hansmann,

die grundsätzlich entgegengesetzten Orientierungen von Hamburger Universität und CDU-Senat kommen auch in der Haltung zu Studiengebühren zum Ausdruck.
Der rechte Senat will mit der sozialen und kulturellen Knute der Gebühren die Studierenden unter das Verwertungsdiktat beugen; der Wert des Menschen bemesse sich daran, wie profitabel er sich als Ware Arbeitskraft verkauft.
Die Universität hält hingegen gute soziale Bedingungen und öffentliche Finanzierung der Hochschule und ihrer Subjekte für eine unabdingbare Grundlage zur Bildung mündiger Menschen und einer sozial verantwortlichen Wissenschaftspraxis.
Entsprechend hat der Akademische Senat nach der ersten Lesung des Gebührengesetzes in der Bürgerschaft beschlossen: "Der Akademische Senat der Universität Hamburg bekräftigt angesichts des Senatsentwurfs für ein "Studienfinanzierungsgesetz" seine mehrfach beschlossene Ablehnung von Studiengebühren. Der Akademische Senat fordert daher den Senat der FHH auf, den Entwurf zurückzunehmen, die Privatisierung von Bildungskosten zu beenden und den Weg einer bedarfsgerechten, öffentlichen Finanzierung der Bildungseinrichtungen und des Lernens einzuschlagen."

Vor dem Hintergrund dieser politischen Kontroverse zwischen Uni und Senat haben Sie, zum Gebührenboykott befragt, durch Herrn Fischer den Rauswurf der beteiligten Studierenden für unwahrscheinlich erklärt. Dem Hamburger Abendblatt sagte Herr Fischer am 19.7.2006: "Ich glaube nicht, daß wir zu diesem scharfen Schwert greifen". Mit dieser Position werden die, in der Massenemail des Unipräsidiums verbreiteten, Drohungen (keine Rückmeldung, keine Immatrikulation, keine Immatrikulationsunterlagen, Exmatrikulation) schon durch Sie selbst zurückgenommen.

Um so mehr gilt es nun Mut zu fassen, die bereits realisierte Opposition zum rechten Senat weiter auszubauen. Der solidarische Protest des Gebührenboykotts (siehe auch www.gebuehrenboykott.de) richtet sich gegen die kapitalfromme Zurichtung des Lehrens und Lernens nicht nur durch die Studiengebühren sondern auch mittels verschulter Schmalspurausbildung (BA/MA), Spardiktats und der Unterwanderung durch finanzmächtige Investoren. An einem gemeinsamen Widerstand sollte sich auch die Unileitung beteiligen.

Ein erfolgreicher Boykott schafft gute Voraussetzungen für die Beendigung des rechten Senats und ist der Beginn eines echten Politikwechsels in der Stadt. Mit den Studiengebühren steht und fällt ein zentrales Projekt der menschenverachtenden Zurichtung der ganzen Gesellschaft nach Wirtschaftsclustern. Der Boykott ist daher Bestandteil einer politischen Orientierung, die den Menschen zum höchsten Maß vernünftigen Handelns macht. Daran sollten wir auch über den Boykott hinaus gemeinsam arbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Till Petersen, Niels Kreller, Kerstin Fremder-Sauerbeck
(ReferentInnen der Fachschaftsrätekonferenz)

http://www.fsrk.de/artikel_78.html [Stand 24. August 2006]