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FSRK

Der Philosophenturm, die Bücherburg und die Todesgöttin

Nach 68 ist vor 68

„Niemals plante sie, ihm irgend Übles zuzufügen, und nicht, ihn zu bedrohen, und dennoch waren das Übel und die Bedrohung in dem geplanten Gang der Dinge einfach schon dadurch enthalten, dass es hieß: die zwei Semester sind um, das Forschungsjahr der Dorothy Johnson ist beendet, wonach das Trivialste erfolgte, was es im Menschenleben geben kann: die Abreise.
Diese Trivialität kann für eine zurückbleibende Person ein tragisches Ereignis sein.“

Wolfgang Beutin, „Die Bücherburg“, in: ders., Erzählungen, Neumünster 2010.

Die Universität ist (potentiell) Stätte der Aufklärung. Sie ist ein Ort neben vielen, aber sie hat eine spezielle gesellschaftliche Bedeutung – auch in den Geschichten von Wolfgang Beutin. Der Publizist und Literaturwissenschaftler, seit den 1960er Jahren Mitglied verschiedener deutscher Hochschulen, aufrecht streitbar für kritische Rationalität, Frieden und Emanzipation – dagegen häufig in seiner wissenschaftlichen Laufbahn eingeschränkt –, hat Erzählungen vorgelegt, die meistens Zeugnisse aus einer besseren, wenn auch nicht idealen Zeit sind.
Sie handeln von Zeiten des gesellschaftlichen Aufbruchs, der Demokratisierung, der relativ klaren Struktur des Lebens, aber auch von dunklen Nachklängen der Vergangenheit, von Isolation und auch vom Niedergang: Die gesellschaftliche Wirklichkeit kann ermutigend, aber – in Passivität gedrängt – auch schwarz und makaber sein.
Deshalb finden Unklarheit, Vereinzelung und Depression ihren humanistischen Contrapunkt in heiterer Rationalität und sozialer Anteilnahme; Qualifikationen, die den aufrechten Gang zur Voraussetzung haben und die eine solidarische Perspektive erschließen.
Der Rückzug aus der Polis birgt dagegen böse Überraschungen.
„Eine Menschheit, die den bedeutsamen Verknüpfungspunkt mißachtete und nicht zu schätzen bereit war, benötigte den großen Kommunikator auch nicht, verdiente ihn nicht im geringsten“, heißt es in der Erzählung von dem verzweifelten Bibliotheksangestellten, der die Welt in friedlicher Absicht vermittels einer Vielzahl von Radiogeräten zusammenbringen wollte und damit den quälenden Unmut der Behörde auf sich zog.
Hier wird die Universität in ihrer Widersprüchlichkeit begreiflich – in ihren Potentialen bzw. in den gegen allzuviel Keckheit aufgebauten Grenzen (die stets gegenwärtig zu überwinden sind). Der Mensch gestaltet seine Bedingungen selbst.
Nach 68 ist vor 68.

Die Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) lädt ein zur:

Autorenlesung:

„Der Philosophenturm,
die Bücherburg und die Todesgöttin“
Nach 68 ist vor 68

Wolfgang Beutin liest aus seinen Erzählungen.
Anschließend ist viel Raum für Diskussion.
Termin: Mittwoch, der 12. Mai 2010, 18 Uhr.
Ort: Hörsaal Phil C, Philosophenturm, Von-Melle-Park 6, Eintritt frei.
Veranstalter: Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) der Uni Hamburg.
http://www.fsrk.de/artikel_168.html [Stand 6. Mai 2010]